FOCUS-online-Chefreporter Göran Schattauer
Freitag, 15.12.2023, 17:23
Die weiterhin hohen Asylbewerberzahlen und die anhaltenden Probleme bei der Eingliederung von Migranten machen vielen Kommunen in Deutschland schwer zu schaffen.
Gerade in den neuen Bundesländern sind immer weniger Menschen bereit, die Asyl- und Migrationspolitik der Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) klaglos hinzunehmen. In zahlreichen Regionen brodelt es.
Wie angespannt die Stimmung derzeit in Thüringen ist, schildert die Landrätin des Landkreises Greiz, Martina Schweinsburg (CDU), im Gespräch mit FOCUS online. Die 65-jährige Christdemokratin, eine gelernte Zootierpflegerin und studierte Veterinäringenieurin, ist seit 1990 Landrätin und seit elf Jahren zugleich Präsidentin des Thüringer Landkreistags.
"Die Menschen in unserer Region sind hochgradig verunsichert", so Schweinsburg. Sie hätten nichts grundsätzlich gegen die Flüchtlinge vor Ort. Allerdings würden sie "die großzügigen Sozialleistungen des Staates für Menschen, die niemals in die Sozialsysteme eingezahlt haben, sehr kritisch hinterfragen".
Prägend für die öffentliche Meinung im Landkreis Greiz seien unter anderem die "Berichterstattungen aus den großstädtischen Ballungszentren". Schweinsburg:
Martina Schweinsburg (CDU), Landrätin des Landkreises Greiz, spricht bei einer Pressekonferenz.
Hinzu kämen
Viele fragten sich:
Die CDU-Politikern zu FOCUS online: "Die Bürger fühlen sich von der deutschen Regierung im Stich gelassen und haben wirklich Angst, dass Kriege und Unruhen aus den Herkunftsländern der Zugewanderten nach Deutschland gebracht werden."
Dass die politisch Verantwortlichen nicht konsequent gegen solche Auswüchse vorgehen, "erzeugt bei unseren Bürgern das Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins. Sie erwarten, von ihrem Staat beschützt zu werden, auch durch klare Reaktionen und Entscheidungen." Die blieben jedoch viel zu oft aus.
Allerdings sei das Vertrauen der Menschen in die Ampelregierung ohnehin kaum noch vorhanden.
"Die Bürger fühlen sich von der Regierung im woken Berlin nicht ernst genommen und die teilweise sehr weltfremde, idealistische Politik hat nach deren Meinung nichts mit der Realität zu tun", so Schweinsburg. In Gesprächen mit Einheimischen würde sie immer wieder Sätze hören wie: "Herr Scholz hat bestimmt vergessen, dass es den Osten gibt." Oder "Die politischen Kreisel von Frau Faeser sind nicht glaubwürdig."
Die seit 33 Jahren amtierende Landrätin erklärte, dass sie lediglich in den Wende- und Nachwendejahren erlebt habe, "dass die Bundespolitik einen solchen Einfluss auf die Meinungsbildung der Menschen in den Kommunen hatte". Im Klartext: Die schlechte Stimmung in weiten Teilen des Landes sei auf die Politik der Ampelregierung zurückzuführen, die viele Menschen als schädlich für Deutschland betrachten.
"Die meisten Menschen in unserer Region sind durchaus für das Recht auf Asyl und Hilfe für wirklich Schutzbedürftige", so Schweinsburg. "Aber sie sehen auch, dass dieses Recht permanent und in großem Stil missbraucht wird." Dieser Missbrauch werde auch noch "durch weltfremde Einlassungen diverser Politiker und Hilfsorganisationen öffentlich relativiert".
Aber die Menschen im Osten seien nicht dumm, so die Landrätin.
Schweinsburg sagt auch mit Blick auf die Landtagswahlen 2024 in Thüringen, Sachsen und Brandenburg: "Das Gefühl des Ausgeliefertseins und der Hilflosigkeit macht die Leute natürlich anfällig für Kräfte, die einen starken, durchgreifenden Staat versprechen."
Deutlicher kann eine Warnung an die Regierenden in Berlin kaum ausfallen.